Mein Buchtipp für MQI - Mai 2023
Das Khalil Gibran Lesebuch
Autor: Khalil Gibran
erschienen im Rosenkreuzverlag
Lesestoff einmal orientalisch
Bei uns daheim wurde mal wieder für Ordnung gesorgt. In dem hintersten Winkel eines Schrankes schlummerte ein kleines blaues Buch, welches dann am anderen Morgen neben meiner Kaffeetasse lag.
„Das Khalil Gibran Lesebuch“, etwa 160 Seiten. Neugierig, wie ich bin, las ich etwas auf der ersten Seite herum. Das fing an mit „Die Jugend ging vor mir her, und ich folgte ihren Spuren, …“. Hallo? Um was geht es hier? Sicherlich nichts für mich als „Klar-Text-Fan“. Wenige Zeilen weiter las ich: „Hab Geduld, denn der Zweifel ist der Beginn der Erkenntnis.“ Mein Interesse lebte wieder auf. Und so kam ich mit den vielen kleinen Geschichten des Khalil Gibran langsam in eine andere Welt der Literatur. Ein Schreibstil, der mir bisher nirgends begegnet war.
Mit sehr poetischen Wortmalereien baut Gibran nicht nur Brücken zwischen menschlichen Charakteren sondern auch zwischen Kulturen und zahlreichen Erkenntnissen. Eine nicht ganz einfache Art des Lesens. Wie oft musste ich Passagen mehrmals lesen bevor mir langsam bewusst wurde was mir Gibran erzählen will. Dann kam ich an die Lebensgeschichte eines Waisenmädchens. Als ich die wenigen Seiten gelesen hatte, konnte ich das Buch kaum noch erkennen. Meine Augen liefen über. Das war mir schon lange nicht mehr passiert. Ab da las ich die Geschichten zuerst einmal „quer“, damit mir das nicht noch einmal passiert.
Dieses „Lesebuch“ bietet sehr viel zum Nachdenken – wenn man sich auf die poetische Schreibweise einlassen kann. Durchaus ein kleines Spagat für unsere Bücherfans.
Achja, Khalil Gibran (1883 – 1931) ist im nahen Osten eine nicht unumstrittene Person. In einigen Ländern wurden seine Bücher öffentlich verbrannt und in anderen gehören seine Werke zum Schulunterricht. So kann es gehen, wenn man Brücken baut. Nicht jede Inselgesellschaft mag fremde Gedanken.
Harald Bous
ISBN: 978-3-491-71323-9